Bereits in 2021 kam bei Ralf Steinweg die Idee zu einem gemeinsamen Trialurlaub an seinem mehrmaligen Urlaubsort in Spanien auf. Nach seiner Erfahrung ist das an der Costa Brava mit den entsprechenden Kontakten, zugelassenen Motorrädern und etwas Rücksichtnahme in der Vorsaison noch gut möglich.
Weitere begeisterte Mitstreiter waren schnell gefunden.
Ende Mai 2022 sollte es dann für sieben Mitglieder der MSIG, teilweise mit ihren Frauen, auf die 1300 km lange Reise nach Tossa de Mar gehen.
Gemeinsam trialwandern, etwas trainieren, gut essen und entspannen war das gemeinsame Ziel. In der Vorbereitungsphase gab dann, ausgerichtet von Thomas und Maritta, erst einmal einen spanischen Abend um sich näher kennen zu lernen, sich schon mal an spanisches Essen zu gewöhnen und die Fahrgemeinschaften festzulegen.
Bei der Vorbereitung der Motorräder kam dann bei einigen noch etwas Stress auf, da für die geplanten Aktivitäten eine Zulassung notwendig war, die zu diesem Zeitpunkt noch nicht alle hatten. Von Pre65 bis Honda 4RT waren die Fahrzeuge doch sehr unterschiedlich, genauso wie die Fähigkeiten der Schrauber und Fahrer.
Mit dabei sein sollte auch meine fast 50 Jahre alte Montesa Cota 247, die ja nicht unweit der Costa Brava bei Barcelona gebaut wurde.
Mittels eines Fahrradtachos wusste ich inzwischen dass diese mit der von mir verbauten Getriebeabstufung und Übersetzung maximal 55 Km/h im 5. Gang läuft. Für unsere Sektionen sicher gut aber fürs Trialwandern zu langsam. Also musste vorher noch ein zwei Zähne größeres Ritzel und eine entsprechend längere Kette montiert werden. Jetzt waren 65-70 Km/h möglich. Das Clubtrial kurz vor der Fahrt ging dann nur mit viel Kupplungseinsatz, aber in Spanien hat sich diese Übersetzung für den dortigen Einsatzzweck dann bewährt.
Nach langem Warten, Planen, Werkzeug sortieren und Packen war es dann irgendwann soweit. Thomas hatte einen Tag vor der Abfahrt doch noch die Zulassung für seine in Deutschland bisher einzigartige Honda bekommen und die alle machten sich mehr oder weniger vorbereitet auf den Weg.
Auf unterschiedlichen Wegen sind alle nach und nach im Hotel Tarull in Tossa angekommen. Am nächsten Tag ging es dann direkt auf eine vom Hotelbesitzer Luis auf Fantic angeführte Runde durch die Berge.
Keine 200 Meter vom Hotel entfernt begann bei angenehmen 25 Grad das Staubschlucken. Die Aussicht von der Steilküste auf das noch nebelbedeckt Meer war gleich das erste Highlight, bevor es dann auf gerölligen, teils schmalen und steilen Wegen zu interessanten Aussichtspunkten und einem ehemaligen Kloster weiterging.
Die dortige ausgiebige Mittagspause mit spanischen Spezialitäten machte den eigenen Körper auch nicht gerade beweglicher. Zurück ging es dann auch noch mit vollem Bauch und dem ersten Muskelkater.
Schnell waren die Grenzen der bunt zusammengewürfelten Gruppe erreicht. Sehr unterschiedliches Fahrkönnen, neue oder nicht ganz zuverlässige Motorräder, zu kurze Übersetzung, steiniger loser Boden und (noch) nicht vorhandene Kondition stellten die Gruppe auf die Probe.
Es hat dann ein paar Tage gedauert bis klar war wer was kann, möchte und wo die Grenzen beim Fahrzeug, der Kondition und den wärmer werdenden Wetterbedingungen sind.
Covid und andere Krankheiten hatten schon bei dem ein oder anderen zu einem merklichen Trainingsrückstand geführt.
Durch etwas Anpassung der Aktivitäten und gegenseitige Rücksichtnahme hat die Gruppe aber schnell zusammengefunden und es hat gut harmoniert.
Für die nächsten Tage haben wir mehrfach Sergi, einen ehemaligen Jugendtrialmeister und Guillem einen örtlichen Endurofahrer als Tourguide und Trainer gehabt.
Sergi kam zu meiner Freude mit einer frisch restaurierten Montesa Cota 348 und Guillem hat uns gezeigt das man auch ohne Füße zu setzen schwierige Passagen mit der Enduro bewältigen kann.
Eine weit im Hinterland liegende ehemalige und inzwischen tief erodierte Moto-Cross-Strecke und ein paar schöne Trainingsplätze in Ortsnähe waren mehrfach unser Ziel. Dazwischen ging es auch mal einen Tag in das städtische Trialgelände von Saint Feliu de Guixols, wo seit vielen Jahren im November das Costa Brava Classic Trial stattfindet.
Dort haben wir uns an den aus Youtube bekannten Sektionsplätzen, mit Blick auf das strahlend blaue Meer, versucht und an einfacheren Stellen etwas intensiver trainiert.
Wenn man die spanischen Trialgelände sieht, weiß man schnell warum viele der guten internationalen Fahrer von dort kommen. Beide von uns besuchte Trialgelände wären von der Größe und Lage für mehrere Ferienhaussiedlungen geeignet. Gut das das nicht so ist und die wenigen Wanderer und Mountainbiker, denen wir auf unseren Touren begegnet sind, sehr tolerant bis interessiert reagiert haben.
Fast täglich standen kleinere Wartungs- und Reparaturarbeiten in der Hotelgarage an. Da Luis der Hotelbesitzer, selber Trial, Klassikenduro und Autorallye fährt war er immer interessiert dabei und hat uns wenn nötig mit Werkzeug unterstützt. Leider waren die Fahrzeuge, den Fähigkeiten der Teilnehmer entsprechend, in sehr unterschiedlichem Wartungszustand.
Tanken, Luftfilterreinigung oder auch mal ein Hebel richten ist normal, aber auch grundlegende Dinge wie Vergaser- Zündungs- und Kupplungs- Grundeinstellung am offenen Getriebe wurden gemeinsam bewältigt. Meine Anregung wäre es daher, sich früh genug vor der nächsten Tour, einen Tag zum gemeinsamen Schrauben zu treffen, um den Zeitaufwand vor Ort zu reduzieren.
An den Abenden wurde dann in unterschiedlicher Zusammensetzung die Stadt erkundet oder auch schon mal bis tief in die Nacht über die beste Motorradmarke, den Sinn des (Vereins-) Lebens und anderes diskutiert.
Das reichhaltige, gute Hotelfrühstück und die Verpflegung durch Tapas-Bars, Altstadt-Restaurants, Pizzaservice oder auch der vom Hotel ausgerichtete Grillabend auf der Dachterrasse waren sicher nicht dazu geeignet das Leistungsgewicht zu optimieren.
Der grandiose Ausblick an diesem Frühlingsabend auf die beleuchtete Altstadt von Tossa de Mar ließ einen fast das Essen vergessen.
Natürlich lassen wir uns, an einem anderen Abend, auch nicht die umgekehrte Aussicht von der Burg auf die Stadt, diesmal mit Tappas und Bier nicht entgehen. So eine Trialwoche hat ja genug Abende und passend zum Trialmotto soll man ja immer wieder was Neues probieren.
Mittags mal kurz mit dem Trialmoped auf einen Snack oder Eis an die Strandpromenade zu fahren hat auch was. Zumal der ausgeschilderte der Motorradparkplatz auf dem Strand ist. Leider waren die Wassertemperaturen noch nicht zum Schwimmen geeignet, weshalb wir auf die Fahrt mit Badehose verzichten mussten.
Zu einem richtigen Urlaub gehört natürlich auch eine Shoppingtour. Diese führte uns in die Nähe von Barcelona zu DELAY, einem bekannten Ersatzteilspezialist für Fantic, Pre 65, Federbeine und Bekleidung.
Innerhalb von zwei Stunden haben hier einige mehr ausgeben als ich im ganzen Urlaub.
Die nicht so sehr an Fantic interessierten kamen aber auch auf Ihre Kosten, da die Werkstatt von Angel mit einer Vielzahl an alten Trialplakaten, Prospekten und mit einer schönen Sammlung an Motorrädern sehr sehenswert ist.
Nach einem mal wieder ausgiebig und guten Mittagessen ging es in das nahegelegen Gelände des Moto Club Cent Peus ( Katalanisch = 100 Füße). Dort wurden die gerade erworbenen Federbeine gleich eingebaut und von Angel auf das aktuelle Leistungsgewicht abgestimmt. Danach brauchten wir an diesem Nachmittag nur 99 Füße bis wir vom höchsten Punkt des Geländes den Blick über Barcelona genießen konnten. Das riesige Trialgelände mit sicher 100 Meter Höhenunterschied in seinen Möglichkeiten zu beschreiben würde hier den Rahmen sprengen.
Unerwartet bekamen wir noch den gerade neu entwickelten Elektrotrialer Mecatecno Dragonfly bei den letzen Abstimmfahren zu Gesicht. Es ergab sich ein interessantes Gespräch mit dem Konstrukteur über einige technische Details und das Konzept der Gewichtsverteilung. Der Akkupack geht sehr tief bis zwischen die Hinterradschwinge, weshalb aus Platzgründen auf eine Umlenkhebelei verzichtet und ein extra entwickelter sehr kurzer Dämpfer eingesetzt wird. Fotos waren zu diesem Zeitpunkt noch nicht erlaubt, es gibt aber inzwischen einen Testbericht dazu im Trialmagazin #5.
Für den Tag danach hat sich der Weltmeister Toni Bou beim Motoclub Cent Peus angekündigt, der wird sicher weniger als 99 Füße bis zum Aussichtspunkt gebraucht haben. Aber zu diesem Zeitpunkt war der größte Teil der Gruppe schon auf der Autobahn auf dem Rückweg nach Gressenich. Viel zu schnell war diese, an besonderen Erlebnissen reiche Woche, um.
Am Ende haben alle die gemeinsamen Ziele erreicht. Viele gemeinsame Trialwandertouren mit tollen Aussichten, beim Training und auf Tour viel dazugelernt, viel und gut gegessen und genug entspannt. Auch, oder gerade weil einige persönliche Grenzen ausgetestet, überschritten oder auch positiv erweitert wurden, war es eine tolle Zeit mit neuen Erfahrungen.
So etwas kann man nicht allein erleben. Dazu gehört die passende Gruppe die sich gegenseitig motiviert, unterstützt oder auch mal einbremst. Ein gutes Hotel, tolle Gegend, passendes Wetter, Trialfreunde die sich jetzt noch besser kennen und neue Freunde in Spanien, haben zusammen zu diesem bisher einzigartigen Trialerlebnis beigetragen. Der alten Montesa und ihrem etwas älteren Fahrer hat es auf jeden Fall sehr gut gefallen.
Eine Wiederholung dieses Gruppenexperiments ist für das nächste Frühjahr bereits in Vorbereitung. Zwei bis drei neue Mitfahrer verträgt die Gruppe noch. Danke an Ralf für die Idee und Umsetzung, sowie an Luis und Familie vom Hotel Tarull und seine Freunde für die tolle Betreuung vor Ort.
Viva la Vida, Viva Espana y VIVA Montesa !
Text: Michael Tubes
Fotos: Michael Tubes, Luis Soler und Tossa Trial Team